30.04.2021

Neuer europäischer Bereitschaftsplan zur Vorsorge gegen die Covid-19-Varianten

Der HERA-Inkubator

Die 3D-Illustration zeigt ein Corona-Virus vor einem DNA-Helix-Strang.
Illustration eines Corona-Virus mit veränderter Erbinformation. Foto: iStock.com/peterschreiber.media

Fast die Hälfte der SARS-CoV-2-Infektionen werden durch die neuartigen und ansteckenderen Virusvarianten ausgelöst und nicht mehr durch den ursprünglichen Virusstamm. Das geht aus einem Bericht des Robert Koch-Instituts (RKI) zur Verbreitung der Varianten in Deutschland hervor.

Als Antwort der Europäischen Union (EU) gegen Covid-19-Varianten führt die EU mit dem HERA-Inkubator derzeit eine europäische Strategie zur Vorsorge gegen biologische Gefahren ein.

Die EU-Kommission hat im November ihren Plan einer Europäischen Gesundheitsunion vorgestellt, der beim Europäischen Rat bereits Zustimmung gefunden hat. Außerdem veröffentlichte die Kommission drei Gesetzesvorschläge im Rahmen des Planes zur Europäischen Gesundheitsunion:

Verordnung zu schwerwiegenden grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren: Mit dieser Verordnung soll ein stärkerer EU-Rahmen für die Gesundheitssicherheit geschaffen werden. Er sieht vor, einen EU-Vorsorgeplan mit Empfehlungen aus nationalen Plänen zu erarbeiten, deren Umsetzung durch Audits in den Mitgliedstaaten überprüft wird. Die Mitgliedstaaten sollen verpflichtet werden, ihre Berichterstattung über Indikatoren der Gesundheitssysteme zu erweitern (zum Beispiel freie Krankenhausbetten, spezielle Behandlungs- und Intensivpflegekapazitäten, Anzahl der medizinischen Fachkräfte und so weiter). Weiterhin soll die Entwicklung, Bevorratung und Beschaffung von krisenrelevanten Produkten gestattet und zentral koordiniert werden.

Mandatserweiterung des European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC): Laut des Verordnungsentwurfes ist für das Europäische Zentrum für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC) vorgesehen, dass es zukünftig bei der Erstellung der nationalen Pläne unterstützen soll. Außerdem soll das Zentrum ein integriertes Echtzeit-Überwachungssystem etablieren und so die Vorsorge- und Reaktionsplanung bei Gesundheitsbedrohungen maßgeblich übernehmen.

Mehr Kompetenzen für die EMA: Das Mandat der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) soll gestärkt werden, indem sie die Überwachung und Verringerung des Risikos von Versorgungsengpässen bei kritischen Arzneimitteln und Medizinprodukten übernimmt. Weitere Aufgaben sollen die Koordinierung von Studien zur Überwachung der Wirksamkeit und Sicherheit von Impfstoffen und die Koordinierung klinischer Prüfungen sein.

Neue EU-Behörde Health Emergency Response Authority (HERA): Die geplante HERA-Behörde soll zukünftig biomedizinische Gesundheitsgefahren überwachen und die Entwicklung, Herstellung und Bevorratung der für die Bekämpfung dieser Gefahren notwendigen Arzneimittel und Impfstoffe gewährleisten. Ebenso soll sie die dafür notwendigen europäischen Infrastrukturen aufbauen. Für Ende dieses Jahres ist ein Gesetzgebungsvorschlag geplant. Derzeit hat man die Möglichkeit, sich an der Konsultation zum Fahrplan zu beteiligen.

In dessen Rahmen sollen Wissenschaftler, Biotechnologieunternehmen, Impfstoffhersteller, Regulierungsstellen und Behörden zusammengebracht werden. Durch die gebündelten Ressourcen sollen Varianten besser überwacht, die Genomsequenzierung erhöht und Daten ausgetauscht werden. Weiterhin beinhaltet die Strategie eine bessere Zusammenarbeit bei der Anpassung von Impfstoffen an die Virusvarianten.

Zu diesem Zweck sind verschiedene Maßnahmen geplant:

  1. Rasche Erkennung von Varianten;
  2. Schnelle Anpassung von Impfstoffen an die Varianten;
  3. Aufbau eines europäischen Netzwerks für klinische Studien zu Covid-19;
  4. Beschleunigung der behördlichen Zulassung von aktualisierten Impfstoffen und neuen oder umgestalteten Herstellungsinfrastrukturen; und
  5. Ermöglichung der Hochskalierung der Produktion von bestehenden, angepassten oder neuen Covid-19-Impfstoffen.

Damit neue Varianten schneller erkannt werden, soll die Sequenzierung von positiven SARS-CoV-2-Proben von einem auf fünf Prozent intensiviert werden. Zudem wird die Entwicklung neuer standardisierter Tests für Varianten angestrebt.

Daneben soll die Erforschung von Impfstoffen für Virus-Varianten in Höhe von 150 Millionen Euro gefördert sowie klinische Impfstoffstudien über ein europäisches Netz besser koordiniert werden.

Hierzu wurde mit dem HERA-Inkubator auch das Netzwerk „VACCELERATE“ etabliert, an dem 16 EU-Mitgliedstaaten und fünf assoziierte Länder, darunter die Schweiz und Israel, beteiligt sind. Damit sollen Daten ausgetauscht und schrittweise auch Kinder sowie junge Erwachsene in klinische Prüfungen einbezogen werden.

Mit der Änderung des Zulassungsverfahrens für angepasste Covid-19-Impfstoffe, soll es für Impfstoffhersteller möglich sein, kleine Sätze zusätzlicher Daten fortlaufend der Europäischen Arzneimittel-Agentur vorzulegen, statt einmalig einen vollständigen Datensatz.

Um die Impfstoffproduktion zu erhöhen, wird die Europäische Union bestehende Abnahmegarantien aktualisieren oder neue abschließen. Damit gewährleistet sie gegenüber den Herstellern eine Abnahme erfolgreich entwickelter Impfstoffe.

Der HERA-Inkubator stellt die Grundlage für die geplante neue Behörde „HERA“ (Health Emergency Response Authority) für die Krisenvorsorge und ‐reaktion bei gesundheitlichen Notlagen dar. Mit der neuen Behörde soll zukünftig auf grenzüberschreitende Gesundheitsgefahren auf EU‐Ebene besser und schneller reagiert werden können. Die EU-Kommission plant einen legislativen Vorschlag zur HERA-Behörde für Ende des Jahres.

Um die Covid‐19‐Pandemie besser bewältigen und auch um auf künftige Gesundheitskrisen in der EU besser reagieren zu können, möchte die EU‐Kommission eine europäische Gesundheitsunion schaffen. Dazu hat sie am 11. November 2020 ein Paket von Vorschlägen vorgelegt. Der HERA-Inkubator, ebenso wie die geplante neue HERA-Behörde, sind Bestandteile der Europäischen Gesundheitsunion (siehe Infokasten).

Anja Lücker