Berlin Intern
14.02.2025
„Wir sind für Sie nah.“
Kampagne der Niedergelassenen geht mit „Praxenland“ in neue Phase

In rund 100.000 Praxen kümmern sich die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten tagtäglich vertrauensvoll um ihre Patientinnen und Patienten. Damit ist Deutschland „Praxenland“, erklären die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und Kassenärztliche Vereinigungen (KVen) in der Fortsetzung ihrer „Wir sind für Sie nah.“-Kampagne. Doch „Praxenland“ wird es nicht mehr lange geben, wenn sich die politischen Rahmenbedingungen nicht ändern, so die Botschaft.
Seit dem Ampel-Aus Anfang November steckt Deutschland im Wahlkampf. Doch im Wettbewerb um die besten Antworten auf die Probleme im Land findet das Thema Gesundheit kaum statt. Dabei sind die Sorgen und Nöte, die nicht nur die Leistungserbringer, sondern ebenso die Patientinnen und Patienten umtreiben, so dringlich wie selten. Besonders in der ambulanten Versorgung haben sich die Rahmenbedingungen dramatisch verschlechtert; drängende Probleme wurden von politischen Entscheidungsträgern über Jahre ignoriert.
Ein Appell Richtung Politik
Seit April 2024 informieren die KBV und die KVen unter dem Motto „Wir sind für Sie nah.“ über die kritische Lage in der ambulanten Versorgung. Unter diesem Dach startet mit „Praxenland“ nun die neue Phase der Kampagne, die die Einzigartigkeit und den Wert der ambulanten Versorgung in Deutschland in den Fokus rückt. Die Kampagne zeigt auf eindrückliche Weise, was mit dem drohenden Verlust von „Praxenland“ auf dem Spiel steht: Die Nähe der Menschen zu „ihrem“ Hausarzt oder „ihrer“ Fachärztin, die für ihre Patientinnen und Patienten da sind.
Headlines wie „Im Wartezimmer sitzen Wähler“ oder „Meine Patienten stehen hinter mir“ appellieren an die Politik, jetzt zu handeln und sich zu einer modernen ambulanten Gesundheitsversorgung zu bekennen, wie sie prägend für Deutschland ist. „Die letzte Bundesregierung hat historisch wenig für die Niedergelassenen getan. Das muss sich ändern in den nächsten Legislaturen, damit die Versorgung in der Form erhalten bleiben kann, wie sie die Menschen in diesem Land schätzen“, betont Dr. Andreas Gassen, KBV-Vorstandsvorsitzender.

„Die letzte Bundesregierung hat historisch wenig für die Niedergelassenen getan. Das muss sich ändern in den nächsten Legislaturen, damit die Versorgung in der Form erhalten bleiben kann, wie sie die Menschen in diesem Land schätzen.“
Dr. Andreas Gassen, KBV-Vorstandsvorsitzender
Patientinnen und Patienten stehen hinter ihren Praxen
Die Ergebnisse einer Civey-Umfrage aus dem vergangenen Jahr unterstreichen, dass den Menschen in Deutschland die qualitativ hochwertige, wohnortnahe Versorgung am Herzen liegt. Fast 90 Prozent der Bürgerinnen und Bürger gaben an, dass ihnen das Thema ambulante ärztliche Versorgung wichtig ist. 72 Prozent sehen in ihren Ärztinnen und Ärzten, Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten Vertrauenspersonen.
Diesen Rückhalt spürt auch Dr. Britta Schmidt, Hausärztin aus Berlin: „Ich weiß: Die Patientinnen und Patienten stehen total hinter uns.“ Gerade deshalb wünsche sie sich von der Politik, dass man diese Arbeit wertschätzt und dafür entsprechende Rahmenbedingungen schaffe. „Als Hausärztin kennt man seine Patientinnen und Patienten, deren Hintergrund, deren Familiensituation. Das ist oft eine Langfristbegleitung – und das gibt es auch nirgends sonst: dass Menschen in ihrer Praxis vor Ort einen festen Ansprechpartner haben“, betont Schmidt.
62 Prozent der Niedergelassenen fühlen sich ausgebrannt
„Mit der Kampagne wollen wir die drängenden Probleme der Praxen in den Fokus rücken und deutlich machen, welche Veränderungen notwendig sind, damit Deutschland Praxenland bleibt“, erklärt Dr. Stephan Hofmeister, stellvertretender KBV-Vorstandsvorsitzender. Schon heute sind bundesweit rund 5.000 Hausarztsitze unbesetzt, besonders in ländlichen Regionen. Zugleich sind in der hausärztlichen Versorgung 37 Prozent der Ärztinnen und Ärzte 60 Jahre und älter, in vielen Praxen steht ein Generationswechsel an. Doch eine Praxisgründung oder -übernahme schreckt viele Nachfolger ab – die Arbeitsbedingungen gelten als wenig attraktiv.
Dies belegen die Ergebnisse einer Schwerpunkterhebung, die das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) im Jahr 2024 durchgeführt hat. Aktuell überlegt jeder zweite zur Praxisübergabe bereite Inhaber, vorzeitig aus der Versorgung auszuscheiden; 78 Prozent der Befragten haben Schwierigkeiten, Interessenten für ihre Praxis zu finden.
Zudem fühlen sich 91 Prozent der Ärztinnen und Ärzte sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten durch Bürokratie überlastet, 62 Prozent sagen sogar, dass sie ausgebrannt sind. Viele denken über einen vorzeitigen Ruhestand nach, zeigen Zahlen einer repräsentativen Online-Befragung, die die KBV zusammen mit dem Zi durchgeführt hat. Bürokratie bindet wertvolle Zeit, die für die Patientinnen und Patienten fehlt. Hinzu kommt die Budgetierung, durch die ein Teil der ärztlichen Leistungen unbezahlt bleibt. Die oftmals nicht ausgereifte Digitalisierung erschwert die Arbeit zusätzlich. „Die Praxen brauchen eine Politik, die sie stärkt und nicht schwächt“, resümiert KBV-Vorstandsmitglied Dr. Sibylle Steiner.
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Verlässliche und nachhaltige Strukturen
„Praxenland“ stehe für verlässliche und nachhaltige Strukturen und trage auch zur volkswirtschaftlichen Stabilität bei, erklärt Gassen. „Immerhin 734.000 Menschen sind in unseren ärztlichen und psychotherapeutischen Praxen beschäftigt, Tendenz seit Jahren steigend, trotz Fachkräftemangels. In der Automobilindustrie, um die sich derzeit fast alles dreht, sind rund 780.000 Menschen beschäftigt, mit in den letzten Jahren und absehbar auch weiterhin eher fallender Tendenz.“ „Praxenland“ sei also in vielerlei Hinsicht ein Garant für gelebtes Gemeinwohl unseres Landes in diesen schwierigen Zeiten, so Gassen.
„Praxenland“ macht deutlich, wie bedeutsam die flächendeckende Versorgung durch Haus-, Facharzt- und Psychotherapeutenpraxen in Deutschland ist. Es geht um Nähe, Vertrauen, Stabilität und nicht zuletzt um einen wichtigen Faktor des sozialen Friedens. Die Praxen zu stärken sei wichtig, betont Gassen, um den Menschen im Land mehr Sicherheit zu bieten. Besonders in Zeiten, wo vieles wegzubrechen drohe, sei dies wichtiger denn je.
„Als Hausärztin kennt man seine Patientinnen und Patienten, deren Hintergrund, deren Familiensituation. Das ist oft eine Langfristbegleitung – und das gibt es auch nirgends sonst: dass Menschen in ihrer Praxis vor Ort einen festen Ansprechpartner haben.“
Dr. Britta Schmidt, Hausärztin aus Berlin
Multimedial und bundesweit
Die Kampagne startete Anfang Februar 2025 mit einem TV-Spot in reichweitenstarken Kanälen privater Fernsehsender, mit digitalen Video-Ads und Bannern, Audiospots sowie Anzeigen zum Beispiel in politischen Newslettern sowie Leitmedien.
Digitales Herzstück ist die neue Kampagnen-Website www.praxenland.de, die neben Ärztestimmen auch die Forderungen der Ärzteschaft bündelt. Mit einem einfachen Klick können Besucherinnen und Besucher dort die Kampagne unterstützen und sich der Forderung anschließen: Deutschland muss Praxenland bleiben.
Anna Michel
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