21.11.2024

PraxisBarometer Digitalisierung 2024

Positive Bilanz für eRezept und eAU, Skepsis gegenüber ePA

Zum siebten Mal hat das IGES Institut das PraxisBarometer Digitalisierung für die KBV erstellt. Über 2.600 Ärztinnen und Ärzte nahmen an der Befragung teil.
Foto: iStock / Rostislav_Sedlacek
Das elektronische Rezept (eRezept) und die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) sind inzwischen fest im Praxisalltag verankert. Als nächstes folgt die elektronische Patientenakte (ePA) – dieser sehen die Arzt- und Psychotherapiepraxen mit gemischten Gefühlen entgegen. Das geht aus dem PraxisBarometer Digitalisierung 2024 der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) hervor.
 

Der klare Trend der Vorjahre setzt sich fort: Immer mehr Praxen setzen auf digitale Kommunikation und bauen digitale Services für ihre Patientinnen und Patienten aus. 94 Prozent der befragten Ärztinnen und Ärzte nutzen das eRezept. In 95 Prozent der Praxen ist die eAU inzwischen etabliert. Die Zufriedenheit mit der Anwendung ist ebenso gestiegen: So zeigen sich in diesem Jahr 69 Prozent der eAU-Nutzerinnen und -Nutzer sehr oder eher zufrieden – 2023 lag der Anteil noch bei 50 Prozent. Auch mit dem eRezept ist die Mehrheit der Praxen zufrieden. „Die Ergebnisse spiegeln das Engagement der niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen wider, die Digitalisierung in ihren Praxen aktiv voranzutreiben. Und sie zeigen, dass digitale Anwendungen, die funktionieren, zunehmend bessere Akzeptanzwerte erzielen“, so Dr. Sibylle Steiner, Vorstandsmitglied der KBV.

Sorge vor Mehrbelastung

Unterschiedlich fallen die Erwartungen der Praxen an die ePA aus. 2025 steht mit der Einführung der „ePA für alle“ ein bedeutender Meilenstein bevor. „Die niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen erwarten durchaus Vorteile von der ePA, haben aber auch Sorge vor einer großen zusätzlichen Belastung“, erklärt Steiner. Rund 90 Prozent der Praxen befürchten, dass die ePA zu einem hohen Verwaltungs- und Zeitaufwand führen wird. Steiner: „Hier spielen sicherlich die Erfahrungen beim holprigen Start vor allem der eAU und teilweise auch des eRezepts eine Rolle. Deshalb gilt umso mehr, dass die technischen Voraussetzungen stimmen müssen. Die ePA muss ausreichend erprobt, nutzerfreundlich umgesetzt und aufwandsarm in der Anwendung sein.“

KBV-Vorständin Dr. Sibylle Steiner: „Gerade im Hinblick auf die Einführung der ePA setzen wir darauf, dass die Hersteller verantwortungsvoll handeln und funktionstüchtige, nutzerfreundliche sowie vor allem ausreichend getestete Systeme ausliefern werden.“ Foto: axentis.de / Lopata

Die Praxen erwarten aber auch, dass die ePA künftig die Verfügbarkeit wichtiger Dokumente beschleunigt, die Kommunikation mit Krankenhäusern erleichtert und ein umfassenderes Bild von Patientinnen und Patienten ermöglicht, wie aus den Ergebnissen der Befragung hervorgeht. „Die ePA braucht strukturierte Inhalte. Ich freue mich auf die ePA, die durchsucht werden kann“, sagt Toralf Schwarz. Der Internist aus Zwenkau hat an der Befragung teilgenommen.

Hürden bei Digitalisierung

Die Befragung hat auch gezeigt, dass die Störanfälligkeit der Telematikinfrastruktur (TI) noch immer viel zu groß ist. Auch die Dauer elektronischer Signaturen ist vielfach noch immer deutlich zu lang. Dabei wäre der digitale Austausch von Entlassbriefen sehr sinnvoll – ein Bereich, in dem 72 Prozent der befragten Praxen einen großen Nutzen sehen. Steiner: „Die Praxen brauchen in ihrem Arbeitsalltag verlässliche Strukturen und funktionierende Systeme. Die Digitalisierung muss zu Entlastung führen, dann wird sie zum Erfolg.“

Die Freigabe des eRezeptes dauert viermal so lange, wie wenn ich es auf einem normalen Papier verordne.

Mona Fiege, Internistin aus Mönchengladbach

Am PraxisBarometer Digitalisierung 2024 nahmen insgesamt 2.609 Ärztinnen und Ärzte sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten teil. Die zum siebten Mal durchgeführte Befragung liefert wertvolle Einblicke in die Nutzung von eAU und eRezept sowie die damit verbundenen Signierdauer. Darüber hinaus äußerten die Praxen ihre Erwartungen an die ePA, die 2025 an den Start gehen soll. Das PraxisBarometer Digitalisierung ist die bislang umfassendste repräsentative, wissenschaftlich begleitete Befragung von Vertragsärztinnen und -ärzten sowie Psychotherapeutinnen und -therapeuten zur Digitalisierung in Praxen.

Sowohl bei der Dauer der elektronischen Signatur als auch bei der Häufigkeit der Störungen der TI zeigen sich deutliche Unterschiede in der Performance der einzelnen Produkte. „Auftretende Fehler und die Zeit, die es kostet, diese Fehler auszubügeln, ist Problem der Anwender“, kritisiert beispielsweise Sören Schmolling, Allgemeinmediziner aus Sterup. Deshalb fordert Steiner: „Gerade im Hinblick auf die Einführung der ePA setzen wir darauf, dass die Hersteller verantwortungsvoll handeln und funktionstüchtige, nutzerfreundliche sowie vor allem ausreichend getestete Systeme ausliefern werden.“

Trotz Komplikationen: Immer mehr Praxen kommunizieren untereinander überwiegend digital. Die digitale Kommunikation mit den Krankenhäusern hinkt dagegen weiterhin hinterher. „Die Ergebnisse des PraxisBarometers zeigen einmal mehr: Die niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten sind für die Digitalisierung im Gesundheitswesen nach wie vor sehr aufgeschlossen“, sagt Steiner. Nun müsse der stationäre Sektor bei der Digitalisierung nachziehen.

Celina Ritter

Ergebnisse des PraxisBarometers im Überblick