29.05.2024
Dr. Anke Pielsticker
„Wünsche mir, dass man die Psychotherapie noch mehr im Blick hat“
Dr. Anke Pielsticker ist Psychologische Psychotherapeutin und stellvertretende Vorsitzende der Vertreterversammlung (VV) der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). Im Klartext-Interview spricht sie über ambulante Weiterbildung, Nähe in der Psychotherapie und den Spagat zwischen eigener Praxis und Berufspolitik.
Frau Dr. Pielsticker, Sie sind jetzt seit über einem Jahr stellvertretende Vorsitzende der KBV-Vertreterversammlung. Wie haben Sie diese Zeit bisher erlebt?
Es ist für mich eine Ehre, von der Vertreterversammlung für die Aufgabe der stellvertretenden Versammlungsleitung gewählt worden zu sein. Ich erlebe die stellvertretende Position als eine fordernde und verantwortungsvolle Tätigkeit. Die anfallende Übernahme der Sitzungsleitung, zum Beispiel innerhalb der Fachkommission der Ehrenamtler, ist anspruchsvoll und bereitet mir gleichzeitig viel Freude. Im Rahmen der Strategiekonferenzen erhalte ich gute Einblicke in die internen Entscheidungsprozesse. Als Vertreterin meiner Profession finde ich es wichtig, die Sicht der Versorgung und meine psychotherapeutische Expertise dort einbringen zu können. Ein gutes Beispiel ist die Kampagne „Wir sind für Sie nah.“, die jetzt ja gestartet ist, wo ich eine versorgungsnahe Haltung einbringen und die Perspektive um die psychotherapeutische Versorgungsrealität ergänzen konnte. Es ist gut, dass die verschiedenen Professionen, also sowohl Hausärzte, Fachärzte als auch Psychotherapeuten, frühzeitig informiert sind und sich einbringen können. Diese Möglichkeiten bereichern meine Tätigkeit in der KBV. Das Zusammenbringen verschiedener Sichtweisen der Leistungserbringer ist zentral für ein gelingendes kooperierendes Miteinander der zahlreichen Fachrichtungen.
Wie bewerten Sie die aktuelle Gesundheitspolitik? Fühlen Sie sich als niedergelassene Psychotherapeutin von Ministerium und Bundestag gehört?
Die abgeschlossene Weiterbildung ist die Grundlage unseres Berufs und wir müssen leider feststellen, dass diese noch nicht ausreichend finanziell abgesichert ist. Hier müssen wir uns deutlich mehr Gehör verschaffen und weiter eine politische Regelung einfordern.
Andersherum gefragt: Was würden Sie sich idealerweise von den politisch Verantwortlichen wünschen?
Ich finde es wichtig, weiterhin nah dran zu sein. Denn nur so kann ich wissen, was in den Praxen benötigt wird und wofür ich mich einsetzen muss.
Sie sind seit 2007 berufspolitisch engagiert. Wie gelingt Ihnen der Spagat zwischen eigener Praxis und Berufspolitik?
Welche Bedeutung hat für Sie die Selbstverwaltung generell?
„Wir sind für Sie nah.“ lautet die neue KBV/KV-Kampagne. Was bedeutet Nähe für Sie als Psychologische Psychotherapeutin?
Zum anderen geht es um geografische Nähe: Die Praxen müssen wohnortnah und erreichbar bleiben. Das sehe ich auch als Gegenpol zu Bestrebungen, flächendeckend videogestützte Behandlungen zu etablieren. Videogestützte Behandlungen sind eine wichtige Ergänzung in der Versorgung, aber ich muss gut auswählen, mit welchen Patienten ich so arbeiten kann und muss vor allem jederzeit zwischen einer Behandlung in Präsenz und per Video wechseln können. Dazu muss eine wohnortnahe Versorgung zwingend erhalten bleiben.
Auch die psychotherapeutischen Kolleginnen und Kollegen werden immer älter. Über 30 Prozent sind 60 Jahre oder älter. Was braucht es, um die niedergelassene Psychotherapie für die Zukunft zu wappnen?
Wir brauchen die Praxen weiterhin für die Versorgung und müssen auch in Präsenz arbeiten, um einen guten Job zu machen.
Die Fragen stellte Hendrik Schmitz